Warum nehmen die Bewerber meine Angebote nicht an?
Unternehmen haben es zur Zeit immer schwerer geeignetes Personal für offene Stellen zu finden. Der Markt hat sich eindeutig geändert und so stehen die Kandidaten nun vor der Wahl, ob sie ein Vertragsangebot annehmen oder nicht. Hier müssen die Unternehmen und allen voran die Personalabteilungen komplett umdenken. Eine Bewerbung ist nicht mehr die Anfrage um einen Arbeitsplatz, sondern gleicht eher einem Kompliment an das Unternehmen.
Bewerber haben alle Informationen über das Unternehmen stets zur Hand, dank dem technologischen Fortschritts. PR Aktionen auf Social Media, Arbeitgeberbewertungen auf kununu & Glassdoor sowie Daten & Fakten über das Unternehmen auf Xing oder LinkedIn. Darüber hinaus ist es sozial gesehen akzeptabler geworden, sich eine Auszeit zu nehmen und nach einem Arbeitgeber zu suchen, der zu einem persönlich passt.
Die Zahl der offenen Stellen in Deutschland steigt weiterhin an und viele Unternehmen suchen momentan händeringend nach geeignetem Personal und führen kontinuierlich Bewerbungsgespräche. Das Institut für Arbeitsmarkt- & Berufsforschung (IAB) hat für 2017 ermittelt, dass es durchschnittlich 102 Tage dauerte, bis eine Stelle besetzt wurde. In der IT im speziellen steigen diese Werte nochmals an, so waren Positionen für Softwareentwickler im Schnitt 148 Tage unbesetzt mit steigender Tendenz.
Die Dauer einen geeigneten Bewerber zu finden ist eine Sache. Eine andere ist, diesem dann auch ein Angebot zu machen, dass er gerne annimmt. Besonders Millennials haben genaue Vorstellungen von den Aufgaben und der Kultur des Unternehmens, in dem sie arbeiten möchten. Einige der deutlichsten Anzeichen, warum die Bewerber das Vertragsangebot ablehnen, sind folgende.
Alte Vertragsmuster
Das Unternehmen und der Bewerber treffen sich nicht auf Augenhöhe. Anstatt bei den Konditionen flexibel zu ein und evtl. neue Wege zu gehen, die auf die Bedürfnisse der Bewerber angepasst sind, werden Musterverträge genutzt. Das Unternehmen muss sich aktiv um den Bewerber bemühen und daher müssen sich beide Parteien mit Wertschätzung und Respekt gegenüber stehen.
Hierbei kommt es darauf an, dass man erfährt, welchen Nutzen der Bewerber aus dem Faktor ziehen möchte. Angenommen, der Bewerber verlangt ein zu hohes Zielgehalt, müssen Sie herausfinden, welche Komponente wichtig ist. Die Sicherheit des hohen Fixgehalts oder die Leistungskomponente des variablen Anteils. Bieten Sie dem Bewerber die Wahl zwischen hohem Fixanteil & niedrigen variablen Anteil, niedrigem Fixanteil und hohen variablen Anteil und einem Mittelweg aus beiden.
Die Absprachen
Im Bewerbungsgespräch werden direkt viele wichtige Konditionen angesprochen. Wenn diese nicht im Vertrag an sich festgehalten werden, oder man nur die mündliche Zusage bekommt, dass diese später besprochen werden, fühlen sich viele Bewerber direkt vor den Kopf gestossen. Wer Zusagen im Gespräch macht, sollte diese auch einhalten oder von Anfang an sagen, dass diese Konditionen erst nach der Probezeit besprochen werden können.
Die Benefits
Es gibt sehr viele Benefits heutzutage, angefangen vom Firmenwagen, diverse Geldwerte Vorteile oder auch firmeneigene KiTa’s. Allerdings passen nicht alle Benefits zu dem einzelnen Bewerber und so sollte man hier überlegen auch flexibel zu sein. Jemand der frisch von der Uni kommt und noch komplett ungebunden durchs Leben geht, kann wahrscheinlich wenig mit KiTa-Programmen, privaten Versicherungen oder Pensionsplänen anfangen. Hier sind Work-Life-Balance und Weiterbildungsangebote eher angebracht.
Die Struktur
Während zu starre Strukturen die Kommunikation und Entscheidungsfindung beeinträchtigen, kann eine lose Organisation ohne effektive Ansprechpartner zu einem regelrechten Chaos mutieren. Hier muss man nicht nur für neue Bewerber sondern auch für die Mitarbeiterzufriedenheit ein gutes Mittelmaß finden.
Aufstiegschancen & Weiterbildungsangebote
Auch wenn man jungen Bewerbern Illoyalität und kein Durchhaltevermögen vorwirft, so suchen viele eine langfristige Anstellung. Besonders wenn die Aufgabe fordernd, fördernd und mit einem grösseren Sinn versehen ist, ist die Mitarbeiterbindung sehr stark. Wenn hier im Vorfeld allerdings bereits das Gefühl auftaucht, dass es keine Perspektive im Unternehmen für die fachliche & persönliche Weiterbildung gibt, dann werden viele das Angebot ablehnen.
Die Aufgaben
Das die Werbung und das eigentliche Produkt manchmal zwei unterschiedliche Versionen sind, sieht man nicht nur bei großen Fast-Food-Ketten. Auch im Personalwesen kann es zu sehr großen Differenzen kommen, besonders wenn die Personalabteilung und der Fachbereich nicht ordentlich miteinander kommunizieren, welche Person für welche Aufgaben gesucht wird. So kann es sehr schnell dazu kommen, dass die Aufgaben aus der Stellenanzeige nicht mehr Bestandteil des eigentlichen Berufsbildes sind, was entweder zu einer Absage im Vorfeld oder einer schnellen Kündigung in der Probezeit kommen kann.
Der Bewerbungsprozess
Zunächst soll man alle Daten aus dem Lebenslauf in ein Web-Formular eintragen, anschliessend nur eine automatische Bestätigungsmail und nach 3 Wochen Stille fragt der Personalleiter den Bewerber, ob er den Lebenslauf nochmal per E-Mail zusenden kann. Wochenlange Stille, schwierige Terminfindung mit Fachbereich, Personalabteilung, Vorgesetzter und Chef für Gespräche und generell eine schlechte Kommunikation drängen viele Bewerber in die Absage. Wenn die Kommunikation nach Außen so schlecht aufgebaut ist, wird es intern bestimmt auch nicht viel besser sein. Da kann auch kein Kickertisch und Start-up-Ambiente helfen.
Das Image
Heutzutage kann man jede Information über die Unternehmen in wenigen Augenblicken finden. Bewertungen über den Arbeitgeber findet man auf kununu, Glassdoor, indeed oder auch Google. Viele Bewerber schauen auf diesen Faktor erst wenn es zu einem Angebot kommt. Natürlich kann man nicht immer alles jedem recht machen, aber man kann zu seinen Fehlern stehen. Auf kununu und Google kann man die Bewertungen kommentieren und so einen offenen Austausch beginnen.
Fazit
Charles Darwin erkannte im 19. Jahrhundert bereits, dass nur die stärksten & die, die sich am besten anpassen können überleben werden. Der Markt hat sich stark gewandelt und die Bewerber haben, drastisch gesagt, die freie Auswahl. Wer sich als Unternehmen hier nicht anpasst und flexibel reagiert, wird immer mehr Schwierigkeiten haben, passende Bewerber mit einem Angebot überzeugen zu können. Es gibt viele Stellschrauben an denen man drehen könnte und der beste Anfang ist ein reflektierter Blick auf die eigenen Prozesse.